Die Kombination mit einem Abendessen und insgesamt der festliche Charakter hat das Dezembertreffen des Freitagsalon geprägt. Wir haben es allerdings auch in diesem Kontext geschafft – zwar etwas zeitlich verschoben – unsere übliche zweistündige Diskussion durchzuführen. Es war ein sehr lebendiges Gespräch mit sehr viel Bereitschaft von Seiten der Teilnehmer, sich einzubringen und mitzudiskutieren. Die festliche Stimmung hat wohl das Ihrige dazu beigetragen.

Auch die Tatsache, dass mehr als 30 Personen beim Treffen anwesend waren, hat den Ablauf des Diskussionsabends mitbestimmt. Für die Moderation war es kein leichtes Unterfangen eine Diskussion mit derart vielen Personen zu führen. Aber es kann gesagt werden, dass es gelang, einen Rahmen zu finden, ohne dass dabei der Diskussionsdrang der Teilnehmer all zu sehr eingeschränkt wurde.

Hansjörg Thaler hat kurz in die Thematik Astrologie/Astronomie eingeführt.

Er ging zuallererst auf die unterschiedlichen Wortgebilde ein, die den beiden Begriffen zugrunde liegen. Sie stammen beide aus dem Griechischen: astron bedeutet Stern und logos Lehre; mit Astrologie ist die Lehre der Deutung von astronomischen Ereignissen gemeint; nomos hingegen bedeutet Gesetzt; Astronomie ist die Wissenschaft von den Gestirnen.

Die Astronomie als Wissenschaft, so wie wir sie heute kennen, gibt es erst seit einigen Jahrhunderten. Hansjörg ortet einige ihrer Wurzeln sogar in Brixen. Nikolaus Cusanus (1401 – 1464) – Bischof von Brixen – beschäftigte sich mit Sternenkunde und zwar über den Rahmen der Sternendeutung hinausgehend. Er war einer der ersten, der nicht die Erde in den Mittelpunkt rückte, also nicht von einem geozentrischen System ausging (er kannte aber auch das heliozentrische System noch nicht, für ihn gab es keinen Mittelpunkt der Welt).

Bleiben wir noch vorerst bei der Astrologie. Sie kann als ein Versuch und Bemühen verstanden werden, mithilfe der Sterne die Persönlichkeitsstrukturen von Menschen oder auch deren Zukunft und Schicksal zu deuten. Diese Methodik wird bereits seit Jahrtausenden praktiziert. Allerdings konnten es sich früher nur die Reichsten leisten, Astrologen in Anspruch zu nehmen. Dies war auch noch lange so, als die Astronomie sich bereits als Wissenschaft immer mehr durchsetzte. Die ersten Astronomen, die als solche bezeichnet werden konnten, arbeiteten als Astrologen, d.h. sie verdienten ihr Brot mit dem Erstellen von Horoskopen, vor allem für die reiche Führungsschicht. Königshäuser waren dafür besonders empfänglich; gewissen Vertretern des Habsburgerhauses z.B. wird nachgesagt, dass sie, ohne vorher den Astrologen zu befragen, überhaupt keine wichtigen Entscheidungen trafen. Kopernikus, Kepler, Galilei lebten von der Astrologie und betrieben die Astronomie nur als Hobby.

Den eigentlichen Durchbruch für die breite Masse feierte die Astrologie schließlich mit der Veröffentlichung von Horoskopen in der Presse. Dies geschah zum ersten Mal in England am 24.08.1930, als ein ausführliches Geburtshoroskop über die neugeborene Prinzessin Margareth im Sunday Express erschien. Mittlerweile sind fast in allen Zeitungen und Medien Horoskope zu finden und es gibt sie in den verschiedensten Varianten: Geburtshoroskope, Jahres-, Tages- und Stundenhoroskope, Partnerschaftshoroskope usw.

Hansjörg skizzierte weiters in knapper Reihenfolge die wichtigsten Etappen und Meilensteine der Geschichte der Astronomie und der Astrologie.

  • Hochkulturen im Nahen Osten

In den alten Hochkulturen am Nil sowie im Zweistromland an Euphrat und Tigris wurden schon sehr früh astrologische Systeme entwickelt. Sie gelten als die Wiege der Astrologie. Welche der beiden Kulturen aber die Vorreiterrolle innehatte, darüber rätselt man nach wie vor. In beiden Hochkulturen war man auf Gedeih und Verderb einem Flusssystem ausgesetzt. Vom Fluss hängte es ab, ob das Jahr reiche Erträge einbrachte oder ob es zu Missernten kam. Vorhersagen über das Abflussregime des Flusses hatten deshalb, ähnlich wie die Wetterprognosen, Hochkonjunktur. Es gab auch schon sehr früh Tierkreiszeichen, denen ganz bestimmte Bedeutungen zugeschrieben wurden und die bereits gewisse Ähnlichkeiten mit jenen unseres heutigen Zodiacus hatten. Ein weiteres wichtiges Merkmal war die enge Verknüpfung der Astrologie mit der Religion.

  • Perser – Griechen – Römer

Die Perser fielen immer wieder in Mesopotamien, aber auch in Ägypten ein. Später weiteten die Griechen ihren Machteinfluss weit nach Asien aus (Alexander der Große). So gelangte die in Mesopotamien und Ägypten entwickelte Astrologie einerseits nach Persien und von dort nach Indien und andererseits nach Griechenland. Die Römer übernahmen sie von den Griechen und so verbreitete sie sich schließlich über weite Teile Europas. Die hellenistische Astrologie stellt einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte der Astrologie dar.

Claudius Ptolemäus (ägyptischer Astronom, Astrologe und Geograph im zweiten Jahrhundert nach Christus, der in Alexandria in Ägypten wirkte) verfeinerte und festigte das geozentrische Weltbild und verdrängte alle Ansätze eines heliozentrischen Weltbildes, das erst wieder 1300 Jahre später von Kopernikus, Kepler und Galilei aufgegriffen wurde und sich schließlich durchsetzte.

  • China und Indien

Auch in China hat die Astrologie eine sehr lange Tradition und Geschichte. Es gibt einen 28-teiligen Mondkalender und einen zwölfgeteilten Tierkreis. In der indischen Astrologie finden sich viele babylonische und hellenistische Elemente. Sie ist aber eng mit der hinduistischen Religion verwoben, weshalb sie uns dennoch fremd erscheint. Ein interessantes Merkmal der indischen Astrologie ist, dass sie vom real sichtbaren Sternenhimmel ausgeht (d.h. es wird die Verschiebung der Polarachse berücksichtigt), was in der heutigen westlichen Astrologie nicht der Fall ist.

  • Maya

Auch auf der anderen Seite des Ozeans gab es Hochkulturen. Die Maya verfügten über eine hoch entwickelte Astrologie und Astronomie. Die Unterschiede zu Europa aber waren erheblich. Sie hatten sowohl einen Sonnen- als auch einen Mondkalender, auf denen die Astrologie basierte, und nicht etwa auf einem Tierkreis. Ihre Astrologie war nicht so sehr vom Determinismus geprägt, im Gegenteil sie ließ dem freien Willen sehr viel Raum. Interessant bei den Maya ist weiters die Tatsache, dass sie das Pferd und auch das Rad nicht kannten.

  • Kopernikus, Galilei, Kepler

Nikolaus Kopernikus (1473 – 1543), Administrator, Arzt, Mathematiker und Astronom in Preußen; er beschrieb das heliozentrische Weltbild, gemäß dem sich die Erde um die eigene Achse dreht und gleichzeitig sich um die Sonne ähnlich der anderen Planeten bewegt.

Johannes Kepler (1571 – 1630), Astronom und Mathematiker in Graz, Prag und Linz; er entdeckte die Gesetze der Planetenbewegungen und trat für ein heliozentrischen Weltbild ein.

Galileo Galilei (1564 – 1642), Philosoph, Mathematiker und Astronom in Pisa und Florenz; er beobachtete als erster mittels eines Fernrohres die Sterne und machte verschiedene astronomische Entdeckungen (Monde des Jupiters, Phasen der Venus, Supernovae, Oberfläche des Mondes, Sonnenflecken, Sterne der Milchstraße); das Fernrohr erfand allerdings nicht Galilei, sondern war das Verdienst Keplers; Galilei war ebenfalls ein Verfechter des kopernikanischen, heliozentrischen Weltbildes, das ihm einen Prozess von Seiten der katholischen Kirche einbrachte.

Im Folgenden die wesentlichen Elemente eines Horoskops, von dem die astrologischen Aussagen abgeleitet werden:

12 Tierkreiszeichen (auch Sternzeichen genannt)

12 Aszendenten

12 Häuser

Die Deutungen werden davon abgeleitet, in welchem Tierkreiszeichen die Sonne steht, weiters von den Positionen der Himmelskörper untereinander sowie von den Stellungen in den Häusern.

Hansjörg führte weiter aus, dass das Weltbild, auf das die westliche Astrologie aufbaut, das von Ptolemäus, d.h. ein geozentrisches ist, dessen Mittelpunkt die Erde ist. Sie geht also von astronomischen Vorstellungen aus, die mittlerweile als völlig überholt gelten. Damit aber noch nicht genug, auch die Verschiebung der Erdachse wird in der westlichen Astrologie nicht berücksichtigt, d.h. die Sterndeutung bezieht sich nicht auf den effektiv zu beobachtenden Sternenhimmel.

In der Diskussion stießen vor allem zwei Positionen aufeinander:

  • Es gab die Fraktion, die von der Astrologie überhaupt nichts hält und darin nur reine Scharlatanerie sieht, ja, sie sogar als schädlich betrachtet, da damit manipuliert und Macht ausgeübt wird.
  • Und es gab andere, die in der Astrologie eine interessante Art und Weise sehen, Charaktere von Menschen zu deuten oder ihnen bei wichtigen Entscheidungen zu helfen, darin aber keine negative Beeinflussung erkennen. Schließlich muss man ja davon ausgehen, dass ein großer Teil der Entscheidungen, die wir tagtäglich treffen, Bauchentscheidungen sind. Sie sehen die Astrologie als eine Hilfe bei wichtigen Entscheidungen und stellen nicht Abhängigkeiten in den Vordergrund. Die Astrologie soll eine Möglichkeit der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Entscheidungskomponenten darstellen. Unterstrichen wurde in diesem Zusammenhang auch die psychologische Komponente, die vor allem in der westlichen Astrologie eine wichtige Rolle spielt.

Wissenschaftlich belegt ist der Großteil der astrologischen Deutungen nicht. Allerdings sind gewisse Einflüsse, z.B. der Einfluss des Mondes oder auch anderer Gestirne auf das Pflanzenwachstum oder im Zusammenhang mit dem besten Zeitpunkt für die Schlägerung des Holzes, sehr wohl feststellbar.

Dass in der Vergangenheit versucht wurde, Deutungen des Schicksals des Menschen bzw. der Menschheit zu suchen und zu finden und diese mit etwas Überirdischem zu verbinden, ist sehr gut nachvollziehbar. Für viele Dinge, Abläufe und Phänomene gab es keine wissenschaftlichen Erklärungen. Aber auch heute kann die Wissenschaft noch auf viele Fragen keine Antwort geben. Die Versuchung deshalb von Seiten des Menschen, sich die Antworten anderweitig zu beschaffen, war und ist nach wie vor groß. Dabei spielt auch der Wunsch des Menschen eine Rolle, sich mit etwas zu verbinden, das größer ist als er selbst.

Leider sind wir bei diesem Punkt stehen geblieben. Wir haben es nicht mehr geschafft einen Blick in die Zukunft zu werfen oder uns mit den Entwicklungen auseinanderzusetzen, die sich heute abzeichnen. Im Thema Astrologie vs. Astronomie vs. Astrologie war nämlich neben der Abgrenzung zwischen Astrologie und Astronomie sowie deren jeweiligen Gewichtung in der Vergangenheit und Gegenwart noch eine weitere Fragestellung verborgen. In früheren Zeiten stand die Astrologie im Mittelpunkt, später rückte die Astronomie in den Vordergrund. Beobachtet man die Entwicklungen in unserer Gesellschaft, stellt sich die Frage, ob in Zukunft die Astrologie, Weissagungen, Prophezeiungen oder sogar okkultistische Strömungen wieder an Bedeutung gewinnen werden.

Dabei erscheint mir allerdings, dass Astrologie und Astronomie an und für sich nicht in Konkurrenz zueinander stehen oder miteinander verknüpft sind. Es handelt sich um Bereiche, die mittlerweile (früher war es einmal anders) nicht mehr viel miteinander zu tun haben. Sie beschäftigen sich zwar beide mit den Sternen, aber auf völlig unterschiedlichen Ebenen.

Zurück zur oben gestellten Frage: ich glaube, dass sie noch einmal ein Thema für den Freitagsalon abgeben kann.