Der Klimawandel kommt unaufhaltsam und immer schneller, da kann man leugnen, Gesetze erlassen oder durchdrehen wie viel man will. Die Einwohner des oberen Wipptals im Allgemeinen und jene von Pfitsch ganz besonders können davon ein Liedchen singen. In der Nacht von 4. auf 5. August 2012 hat es innerhalb 8 h bis zu 87 l/m² geregnet. Derartige Wassermengen in kürzester Zeit fanden speziell in den steilen Hängen des Pfitscher Hochtales keinen Pufferplatz mehr, die mit Wasser übersättigten Hänge gerieten ins Rutschen, vermurten weite Teile des Talbodens und in der Nähe befindliche Orte und kosteten 2 Menschen das Leben:

Das Unwetter 2012 in Pfitsch

Vermurungen in Afens Vermurungen in Afens Abfluss der Hauptschleusen des Stausees in Ried Blick von der Staumauer des Stausees in Ried Blick auf den Stausee in Ried Vermurungen in Ried Vermurungen in Ried Vermurungen und Überschwemmungen in Ried Vermurungen und Überschwemmungen in Ried Vermurungen in Burgum Vermurungen in Burgum Vermurungen in Burgum Vermurungen in Burgum Vermurungen in Burgum Vermurungen in Burgum Vermurungen und Überschwemmungen in Burgum Vermurungen und Überschwemmungen in Burgum Überschwemmungen in Fußendraß Überschwemmungen in Fußendraß Überschwemmungen in Fußendraß Vermurungen und Überschwemmungen in Fußendraß Vermurungen in Fußendraß Vermurungen in Fußendraß Vermurungen in Fußendraß Vermurungen in Platz
Murenabgänge und Überschwemmungen in Pfitsch (mit freundlicher Genehmigung von Raimund Hofer).

Einen weitergehenden Eindruck des Ganzen verschaffen die folgenden Videos:

Fahrt ins vermurte Pfitscher Hochtal.

Der Rieder Bach nach dem Murenabgang.

Treibholz im Stausee Franzensfeste.

Der Strom aus Schlamm und gröberem Gesteinsmaterial hast wegen seiner hohen Dichte von bis zu 2,6 g/cm³ eine sehr hohe kinetische Energie und damit verbunden ein außerordentliches Verwüstungspotential. Keiner der älteren Talbewohner kann sich jemals eins vergleichbaren Ereignisses erinnern, weshalb das Geschehen zu Recht als Jahrhundertflut bezeichnet wird. Wenn man sich nun aber zurück lehnt und für die nächsten 100 Jahre in Sicherheit wiegt, der wird die Rechnung ohne den Wirt machen. Die Durchschnittstemperaturen auf der Erde steigen unaufhaltsam an, die Wetterextreme werden kontinuierlich größer. Damit kann man sich auf Altbewährtes nicht mehr verlassen, das Klima in Südtirol wird sich ändern, Ausnahmeereignisse drohen zur Regel zu werden. Genau aus diesem Grund sind Behörden und Institutionen dazu aufgerufen, fachlich fundierte Analysen zu Grunde zu legen und auf dieser Basis Vorkehrungen und Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Sachpolitik ist mehr denn je gefragt!

Analysiert man das Einzugsgebiet aller Seitentäler des Pfitscher Tales bis zum Stausee in Ried, welche Niederschläge in Richtung Talboden transportieren, ergibt sich grob eine Fläche von 115 km²:

Einzugsgebiet aller Pfitscher Seitentäler

Betrachtet man nun den Extremfall, dass die oben erwähnten 87 l/m² auf der gesamten Fläche homogen gefallen sind (wer hält die Hand dafür ins Feuer, dass das nie passieren wird?), würde das in 8 h eine Wassermenge von 87 l/m² · 115 Mio. m² oder gut 10 Mrd. l bzw. 10 Mio. m³ ergeben. Spinnt man diesen Gedanken nun weiter und geht von einem bereits mit Wasser gesättigten Untergrund aus, weil es die Tage und Wochen davor schon ausreichend geregnet hat, dann muss der Pfitscher Bach pro Sekunde 10 Mio. m³ / ( 8 h · 3600 s ) oder 347 m³ Wasser pro Sekunde abtransportieren, wenn es zu keiner Überschwemmung kommen soll.

Bestimmt man die Breite des Bachbettes kurz nach der Zentrale in Wiesen, kommt man auf bescheidene Werte unter 10 m:

Bachbrettbreite Pfitscherbach in Oberweisen

Bei einer Breite von 10 m und einer viel zu hoch angesetzten Fließgeschwindigkeit von 10 m/s müsste das Bachbett demnach 347 m³/s / ( 10 m · 10 m/s ) oder 3,47 m tief sein, um das ganze Wasser zu fassen, und das, wohlgemerkt, auf der gesamten Länge durch Wiesen ebenso wie im Einzugsgebiet davor. Dass dies unmöglich ist, wird jeder einsehen. Umso mehr zeigt sich durch diese einfache Abschätzung die Notwendigkeit, rechtzeitig entlastende Maßnahmen zu treffen, von denen die wohl erfolgversprechendste die Erweiterung und Vertiefung des Stausees in Ried darstellt. Begleitende Erweiterungsaktionen am gesamten Flussbett des Pfitscherbaches sollten helfen, exzessive Wassermengen aufzunehmen und zu puffern, auch wenn es nie gelingen wird, 10 Mio. m³ Wasser unterzubringen.