Eine Reihe von Ängsten und Befürchtungen trat bereits in der Einführungsrunde klar zu Tage im Zusammenhang mit den Zukunftsaussichten des öffentlichen Dienstes. Die TeilnehmerInnen gaben ihren Sorgen klaren Ausdruck. Bleibt es beim Aufnahmestopp oder kommt es morgen möglicherweise auch zu Entlassungen? Wie lange soll der Aufnahmestopp gelten? Reichen fünf Jahre oder werden es mehr? Können Gehaltskürzungen vorerst ausgeschlossen werden oder treffen uns auch derartige Maßnahmen? Wird uns schon bald das dreizehnte Monatsgehalt nicht mehr ausbezahlt (wie dies heuer bereits in Spanien passieren soll)? Gibt es wirklich einen Sinn, wenn die Jugend vom öffentlichen Dienst völlig ausgeschlossen wird? Welche Belastungen kommen auf die verbleibenden Bediensteten zu, wenn das Personal zahlenmäßig immer mehr reduziert wird.

Es wurde aber auch mit Kritik nicht gespart. Die Bürokratie ufert aus und Verfahrensvereinfachungen sind viel zu lange auf dem Weg. Es hat fast den Anschein, dass sich der öffentliche Dienst die Arbeit selbst erfindet. Das ganze Beitragssystem ist ebenfalls ein Dilemma. Wäre es nicht viel besser das Beitragswesen zu durchforsten und stark zu reduzieren? Dann könnten auch die Steuern herabgesetzt werden.

Es wurden aber auch ganz konkrete Fragen zum öffentlichen Dienst gestellt, wie z.B. welche Bereiche dazugehören? Wie viel öffentliche Bedienstete gibt es überhaupt? Stehen die laufenden Kollektivverträge unter einem schlechten Stern? Der zuständige Landesrat scheint sich dafür nicht besonders zu interessieren. Gibt es in Zukunft Aussichten auf Karrieremöglichkeiten für Techniker? Wie schaut es mit Disziplinarverfahren aus?

Engelbert Schaller skizzierte zuerst kurz seinen Werdegang. Nach seinem Studium in Padua verschlug es ihn schon bald in die öffentliche Verwaltung unseres Landes. Zuvor hatte er aber die Gelegenheit im Rahmen seiner Studentenjobs sich in die verschiedenen Realitäten unterschiedlicher Arbeitsbereiche einen Einblick zu verschaffen. Als er beim Land seine Beamtenlaufbahn begann, handelte es sich noch um eine kleine und überschaubare Verwaltung. Der ganze Apparat wuchs dann aber in de vergangenen Jahrzehnten stark an. Ein Entwicklungsprozess der an ihn und an seine Position große Herausforderungen stellte. Diese sind aber nun in der umgekehrten Tendenz nicht weniger.

Zuerst erklärte er uns, welche Bereiche zum öffentlichen Dienst zu zählen sind und wie deren zahlenmäßigen Zusammensetzung ausschaut. Zum öffentlichen Dienst gehört nämlich nicht nur die Landesverwaltung und es gibt bei weiten größere Sparten als die letztgenannte. In der Sanität (ca. 7.500 Angestellte) oder in der Bildung (ca. 8.000 Angestellte plus das Kindergartenpersonal mit ca. 1.400 Angestellten) arbeiten mehr Menschen als in der Landesverwaltung (ca. 4.500). Knapp 4.000 Personen sind in den Gemeindeverwaltungen und ca. 2.100 in den Bezirksgemeinschaften tätig. Dazu kommt dann noch das Altersheimpersonal, die Polizei und so manch andere kleinere Sparte. Insgesamt weist der öffentliche Dienst jedenfalls ca. 41.000 Beschäftigte auf. Dies ist ca. ein Viertel der gesamten Beschäftigten in Südtirol.

Daraufhin kam er auf die Rahmenbedingungen (aus politischer Sicht, aber auch hinsichtlich der Haushalte) zu sprechen, denen der öffentliche Dienst heute ausgesetzt ist. Der Staat hat sich in den vergangenen Jahrzehnten übermaßen verschuldet. Die Schulden des italienischen Staates betragen mittlerweile pro Kopf 31.000 Euro und sie steigen nach wie vor. Aus diesem Schuldenschlamassel herauszukommen, gestaltet sich äußerst schwierig. Eines ist sicher: ohne rigorose Sparmaßnahmen wird das nicht zu bewerkstelligen sein. Auch die Wirtschaft fordert Bürokratieabbau und Einsparungen der öffentlichen Hand. Auch wenn sich die Verbände dabei z.T. in Widersprüchen verstricken. Der HDS in Südtirol z.B. lässt keine Gelegenheit ungenutzt, Entbürokratisierungen einzufordern, gleichzeitig verlangen sie aber auch nach neuen Regulierungen.

Schaller rechnet damit, dass wir in Italien und damit auch in Südtirol insgesamt in den nächsten Jahren ärmer werden. Bei zunehmender Arbeitslosigkeit werden verstärkt auch wieder die Einheimischen gewisse Arbeiten annehmen müssen, die in der jüngsten Vergangenheit nur mehr (oder fast nur mehr) ausländische Arbeitskräfte verrichteten. Die öffentliche Hand wird kaum mehr Arbeitssuchende aufnehmen können. Ihr sind durch den großen Spardruck die Hände gebunden. Der Staat kann die Steuern kaum mehr erhöhen und auch auf das Konto der Bürger kann er heute nicht mehr so gut zugreifen, wie er dies noch vor einiger Zeit immer wieder praktiziert hatte.

Für Schaller gibt es durchaus Einsparungspotentiale und zwar nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in der Bildung und Sanität. Viel Personal muss nicht immer hohe Qualität bedeuten, es muss deshalb weniger Personal nicht auch automatisch einen Qualitätsverlust für den betroffenen Dienst bedeuten. Auslagerungen sind eine interessante Möglichkeit, Gelder einzusparen. Bevor neues Personal eingestellt wird, gilt es in Zukunft genauestens zu überprüfen, ob die Tätigkeit auch von Privaten durchgeführt werden kann. Ein anderer Bereich ist die Sekretariatsarbeit, die zusehends abnimmt, weshalb es in Zukunft garantiert weniger Sekretärinnen und Sekretäre braucht. In der Bildung gibt Südtirol sehr viel Geld aus, aber es ist nicht immer gut eingesetzt (z.B. könnte man sich in den einzelnen Schuljahren auf weniger Fächer konzentrieren, diese aber dafür stärker ausbauen). Grundsätzlich gibt es zu viel Verwaltungspersonal: ein Aufnahmestopp, der zumindest 5 Jahre dauert, ist unumgänglich.

Zu den Kollektivverträgen äußerte er sich folgendermaßen: es gibt gar nicht so viele Kollektivverträge. Grundlegende Dinge sind mit einem bereichsübergreifenden Vertrag geregelt. Dann braucht es allerdings auch noch einige spezifische Regelungen. Die Erfordernisse betreffend eines Feuerwehrmanns sind andere als betreffend eines Beamten. Es stimmt, dass der zuständige Landesrat nicht immer bei den Vertragsverhandlungen dabei ist. Das ist aber auch nicht notwendig, schließlich wurde für diese Verhandlungen eigens eine Agentur beauftragt. Landesrat Widmann befürwortet voll und ganz den Aufnahmestopp. Er ist der Meinung: lieber ein paar Beamte weniger, die aber gut bezahlt werden sollten.

Bezüglich der Frage ob die öffentliche Hand eine all zu große Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt darstellt, kam er auf zwei Kategorien zu sprechen: Den Frauen kann das Land die besseren Bedingungen anbieten, als die privaten Mitbewerber; bei den Fachkräften hingegen gibt es genau die umgekehrte Situation, diese werden durchschnittlich von den Privaten besser bezahlt.

Wer glaubt, dass es im öffentlichen Dienst keine Disziplinarverfahren gibt, ist schlecht beraten. Es gibt sie und zwar im Schnitt zwei pro Woche. Dies bedeutet nicht, dass die Betroffenen sofort hinausfliegen, es wird immer versucht den Leuten eine Chance zu geben. In dieser Hinsicht wird laut Schaller sehr viel unternommen.

Auch in Bezug auf die Überbürokratisierung hat der Personalchef des Landes seine Meinung geäußert. Er sieht es kritisch, wenn der Bürger den Beamten völlig ausgeliefert ist. Der Beamte ist auch kein Heiliger und zitierte in diesem Zusammenhang Fischer: „Das Amt ändert den Menschen schneller als der Mensch das Amt.“ Der Bürger nutzt zusehends die Möglichkeit, beim Politiker vorzusprechen, der ihn dann häufig Recht gibt. Der Politiker ist viel stärker der Verantwortung gegenüber dem Bürger/Wähler ausgesetzt als der Beamte. Er nannte in diesem Zusammenhang den Landschaftsschutz.

Das Spannungsfeld Politik – Verwaltung beschrieb Schaller wie folgt: Die Verwaltung hat nicht die Aufgabe Politik zu betreiben. Der Beamte muss auf institutioneller Ebene gegenüber dem Politiker loyal sein. Es bleiben ihm immer noch erhebliche Spielräume; wenn er sie nutzt kann er Einiges bewegen.

Die Karrieremöglichkeiten für Techniker sind für Schaller mit der Technikerzulage abgedeckt.

Ein Blick in die Zeitung sollte dem Beamten erlaubt sein. Schließlich und endlich kann auch sein Arbeitsbereich Gegenstand der Berichterstattung sein. Längeres Zeitungslesen ist allerdings zu unterlassen.

Nicht nur die normalen Angestellte, sondern auch die Führungskräfte werden heute mittels öffentlicher Wettbewerbe aufgenommen. Dies heißt aber nicht gleichzeitig, dass die Wettbewerbe immer garantieren können, dass effektiv die Besten zum Zuge kommen (der ehemalige Geschäftsführer der Würth Südtirol schaffte den Wettbewerb beim Land nicht, machte dann aber in der Privatwirtschaft eine große Karriere).

In der Diskussion gab es dann doch einige kritische Stimmen. Es wurde in Frage gestellt, dass Privat von vornherein gut und effizient sein muss. Z.B. hat das Bankenwesen völlig versagt. Die Banken konnten letztlich nur von der öffentlichen Hand unter Zuwendung riesiger Geldsummen gerettet werden. Auch muss der Staat immer wieder maroden Firmen und Konzernen unter die Arme greifen. Er zieht dabei eine Verschuldung größeren Arbeitslosenzahlen vor.

Kritisiert wurden weiters die hohen Gehälter bei Managern und Führungskräften, die es z.T. auch in der öffentlichen Verwaltung gibt. Die Gehaltsunterschiede erscheinen zu groß. Schließlich sollte nicht nur das Gehalt zählen, sondern auch andere Vorzüge, die mit gewissen Positionen verbunden sind. Es darf nicht so weit kommen, dass gute Leute nur mehr über den Gehalt zu ködern sind.

Dass es Potentiale für Bürokratieabbau gibt, darüber besteht kaum ein Zweifel. Die Versäumnisse können aber nicht allein der Verwaltung in die Schuhe geschoben werden; auch die Politik hat kaum etwas in diese Richtung unternommen. Es hat sogar den Anschein, dass den Politikern diese Situationen zum Vorteil gereichen. Gerade in Bereichen, die einen erheblichen politischen Ermessensspielraum bei Einzelentscheidungen zulassen (wie dies im Landschaftsschutz der Fall ist) kommt das System der Gefälligkeitsdemokratie voll zum Tragen.

Ein großes Thema war schließlich der Aufnahmestopp. Dass frische Studienabgänger und ganz allgemein die Jugend keine Chance mehr hat in den öffentlichen Dienst aufgenommen zu werden, wird sehr negativ betrachtet. Dadurch nimmt die bereits hohe Jugendarbeitslosigkeit weiter zu, verbunden mit nicht bezifferbaren negativen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft und das gesamte Gesellschaftssystem. Letztlich sind vielleicht diese Schäden größer, als man durch das Einsparen einiger Pensionen an Nutzen erreicht. Auch die Tatsache, dass die Menschen morgen bis 67 oder 70 Jahren arbeiten sollen, ist mit verschiedenen Nachteilen verbunden, vor allem wenn gleichzeitig viele junge Menschen arbeitslos sind. Die Einsparungen an Rentenzahlungen sind immer auch in diesem Lichte zu sehen. Und weitere Aspekte dürfen nicht vergessen werden. Angestellte mit einem hohen Dienstalter und den ganzen Lohnvorrückungen verdienen in der Regel erheblich mehr als Neuangestellte. In verschiedenen Sparten sind ältere Angestellte auch sicherlich lang nicht so produktiv wie junge.

Bezüglich Studienwahl ist Schaller der Meinung, dass ein junger Mensch grundsätzlich das studieren sollte, was ihm gefällt. Denn nur in diesem Fall ist er mit Begeisterung dabei, und wenn er diese Begeisterung auch noch mit in das Arbeitsleben nimmt, dann kann es eigentlich nicht schief gehen.

Zum Schluss gab es noch eine positive Meldung von Seiten Schallers und zwar dass der Beamte gar nicht so schlecht beim Bürger ankommt, auf jeden Fall besser als die Politiker. 91 % der Bevölkerung äußern sich grundsätzlich positiv über den öffentlichen Dienst.