In der Einführungsrunde trat klar zu Tage, dass es sich eigentlich in Brixen relativ gut leben lässt. Verschiedene Vorzüge wurden genannt, u.a. die Überschaubarkeit, Familienfreundlichkeit, generell eine hohe Lebensqualität, tolle Einrichtungen (wobei allerdings auch darauf hingewiesen wurde, dass deren Instandhaltung immer mehr Spesen für die Stadt bedeuten, gleichzeitig aber die zur Verfügung stehenden Mittel ständig geringer werden, weshalb die Gefahr besteht, dass man sich vielleicht doch zu viele Belastungen für die Zukunft aufbürdet, wenn laufend weitere aufwendige Strukturen dazukommen). Lobend hervorgehoben wurde weiters die Tatsache, dass sich Brixen heute als eine sehr lebendige Stadt präsentiert. Durch das Eröffnen verschiedener Gastbetriebe ist Leben in die Stadt eingekehrt, auch noch nach Ladenschluss. Von mehreren Diskussionsteilnehmern wurde der Wunsch geäußert, die neue Bibliothek möglichst bald zu realisieren.

Bei diesen Vorschusslorbeeren hat der Bürgermeister dann angeknüpft. Er hat uns einen guten Überblick darüber gegeben, was alles in der Vergangenheit erreicht werden konnte, was man z.Z. dabei ist, umzusetzen und welche Vorhaben in Zukunft anzugehen sind.

Albert Pürgstaller hat zuallererst einmal darauf hingewiesen, dass man in den vergangenen Jahren viel in Konzept- und Planungsarbeit investiert hat. Zuerst wurde ein Leitbild für die Gemeinde Brixen erstellt, daraufhin hat man einen Masterplan ausarbeiten lassen unter großer Beteiligung der Bevölkerung, und z.Z. ist man dabei den Bauleitplan und den Landschaftsplan zu überarbeiten.

Ein wichtiges Anliegen von Anfang an war die Stärken-Schwächen-Analyse. Vier positive Eigenheiten der Stadt wurden dabei besonders hervorgehoben (z.T. wurden sie auch schon von den Diskussionsteilnehmern eingangs angesprochen):

  • Die Stadt ist gut überschaubar (auch aufgrund deren Größe).
  • Sie ist nach wie vor persönlich (man kennt sich in der Stadt und nimmt sich Zeit füreinander).
  • Es herrscht ein reges Leben und Treiben in der Stadt (diesbezüglich hat Brixen in den vergangenen Jahren viel aufgeholt).
  • Die Stadt ist reich an kultur-historischen Schätzen und Baulichkeiten.

In der Folge sind die wichtigsten Informationen, die uns der Bürgermeister über die verschiedenen Sachbereiche geliefert hat, aufgelistet.

Demographie: In der Gemeinde Brixen leben 20.857 Personen; 78 % in Brixen/Milland und 22 % in den Fraktionen. Jugend und alte Menschen sind im Gleichgewicht (Meran weist im Vergleich zu Brixen eine erblich ältere demographische Struktur auf). Um 170 bis 180 Personen pro Jahr nimmt die Bevölkerung in unserer Gemeinde zu. Brixen weist ein positives Wanderungssaldo auf, das wohl vor allem auf die gute Lebensqualität, eine günstige Mobilität, aber auch auf das Vorhandensein interessanter Arbeitsplätze zurückzuführen ist. Die Bevölkerung ist in jüngster Zeit bunter geworden: 70 Nationen sind hier zu Hause, womit gewisse Herausforderungen, aber auch Chancen verbunden sind.

Bauleitplan: Der heute gültige Plan ist mittlerweile 15 Jahre alt, weshalb es an der Zeit ist, ihn zu überarbeiten. Der neue Bauleitplan sieht ca. 400 neue Wohneinheiten vor. Gemäß zu erwartendem Bevölkerungszuwachs müssten es zwar mehr sein, aber man möchte aus politischer Sicht die Entwicklung in der Verbauung doch etwas einbremsen. All zu wenig Wohnungen dürfen es allerdings auch wieder nicht sein, ansonsten hat dies negative Auswirkungen auf die Preisentwicklung im Immobiliensektor. Die neue Wohnkubatur soll weiters nicht nur auf die Stadt beschränkt werden; es sind auch in den Fraktionen neue Wohnbauzonen vorgesehen. Neue Gewerbezonen sind nicht geplant, da relativ viele freistehende Hallen vorhanden sind.

Wirtschaftliche Entwicklung: Grundsätzlich kann gesagt werden, dass es eine ganze Reihe von gut aufgestellten Betrieben in Brixen gibt. Woran es aber fehlt, sind gut ausgebildete Fachkräfte. Auch die logistische Anbindung lässt zu wünschen übrig. Dem Handwerk gehen Aufträge verloren, weil die vielfach kleinen Betriebe viel zu wenig miteinander arbeiten. Im Handel gibt es eine große Anzahl an Betrieben, die einzelnen Sparten sind allerdings nicht ganz ausgewogen vertreten. Auch bei den Öffnungszeiten hapert es noch ein bisschen: in der Mittagszeit halten zu wenig offen.

Tourismus: Es gibt eine beträchtliche Anzahl von Betrieben, die im Niedrigpreissegment arbeiten; Pensionen und Garnis mit Preisen von 50-60 € pro Übernachtung. Bei diesen Einkünften bleibt nicht viel Geld übrig für Investitionen. Umso wichtiger ist deshalb für Brixen die Ansiedelung einiger größerer Leitbetriebe. Geplant sind drei neue Hotels am St. Anderer-Berg (eins oberhalb Mellaun in den Kojawiesen, ein anderes bei der Talstation der Plose-Umlaufbahn und ein weiteres in deren Nähe). Auch ein Cityhotel soll entstehen, damit endlich bei größeren Kongressen in der Stadt die Nachfrage nach Unterkünften abgedeckt werden kann. Das Marketing für Stadt und Tourismus gilt es zu verbessern, ebenfalls die Infrastrukturen (Hotels, Seilbahn, Umfahrung, Südspange, Autobahnanschluss, Citybus, Zug/Bahnhof, Fahrradwegenetz, Wanderwegenetz, Hofburggarten). Beim Stadtmarketing ist leider das Interesse und die Beteiligung von Seiten der Wirtschaftstreibenden nicht zufrieden stellend, es fehlt z.T. die notwendige Vernetzung (z.B. wird die Veranstaltung IMS viel zu wenig von den Geschäften unterstützt). Bezüglich Hofburggarten läuft z.Z. ein Gestaltungswettbewerb: die Anlage soll nicht für große Events und Attraktionen ausgerichtet werden, Legenden, Mythen, Ruhe und Mystik sollen im Mittelpunkt stehen.

Energie: Der Ausbau der Fernwärme und auch der Einsatz von Biomasse sind ein wichtiges Ziel. Auch den Energiehaushalt der Häuser gilt es noch zu verbessern (Isolierung). Ein weiteres wichtiges Anliegen der Stadt ist es, eine Beteiligung bei der Stromproduktion zu erreichen (in diesem Zusammenhang läuft ein Rekurs gegen das Land). Die Verlegung der Hochspannungsleitungen aus den Siedlungsgebieten darf schließlich auch nicht aus den Augen verloren werden.

Hochwasserschutz: Der Eisack im Raum Brixen stellt im Falle von großen Niederschlagsereignissen eine erhebliche Gefahr dar. Das Schadenspotential ist heute wegen der zahlreich vorhandenen Infrastrukturen und den ausgedehnten urbanen Bereichen um ein Vielfaches größer. In einem breit angelegten Flussraummanagementprojekt sollen Maßnahmen für einen besseren Hochwasserschutz erarbeitet und umgesetzt werden. Neben dem Hochwasserschutzziel soll aber auch die ökologische Seite und der Erholungsaspekt nicht zu kurz kommen.

Familie: Neue Kinderbetreuungsmodelle gilt es neben den bestehenden (Kinderhort Tagesmutter usw.) anzustreben.

Alte Menschen: Die Zunahme der Menschen mit höherem Alter erfordert neue Betreuungsangebote. Gedacht wird neben Altersheimen auch an Wohngemeinschaften für alte Menschen.

Kultur: Nachholbedarf gibt es in der Jugendkultur. Dabei ist ein für alle Sprachgruppen zugängliches Kulturprogramm zu entwickeln. Bezüglich Bibliothek kann nach den Standortdiskussionen und den zähen Verhandlungen zum neuen Standort im Herbst voraussichtlich mit der definitiven Planung gestartet werden (für das Projekt beim ehemaligen Gefängnis). Die Musikschule wollte man ursprünglich mit der Uni zusammenbringen. Dies hat nicht geklappt; nun soll sie im Prielgelände entstehen. Im Schulbereich wurde ganz allgemein darauf verwiesen, dass man in Sachen Investitionen einen guten Stand erreicht hat.

Sport: Das Sportzentrum Süd ist mittlerweile 30 Jahre alt und muss dringend überarbeitet werden.

Getrennte Sporteinrichtungen nach Sprachgruppen soll es in Zukunft nicht mehr geben, das können wir uns nicht leisten. Schlecht steht es auch um die Eishalle, die möglicherweise wohl den Sparmaßnahmen zum Opfer fallen wird.

Quartiermanagement: In den Fraktionen funktioniert das soziale Netzwerk noch relativ gut, in der Stadt aber weniger. Deshalb ist dort eine gewisse Gefahr gegeben, dass Menschen nicht mehr aufgefangen werden und vereinsamen. Aus diesem Grund bzw. ganz generell um Gemeinschaftsinteressen gegenüber Einzelinteressen voranzustellen, soll ein Quartiermanagement eingeführt werden.

Nach dieser ausführlichen Einführung blieb doch noch einige Zeit für die Diskussion übrig. Es gab verschiedene Anregungen, Kritikpunkte und ganz allgemeine Stellungsnahmen, aber auch Lob für das Erreichte fehlte nicht. (In Klammern und kursiv sind die Antworten des Bürgermeisters zu finden.)

Verkehr: Verbesserungen beim Citybusnetz wurden angesprochen (Verbindungen mit den Fraktionen, Vahrner See, bessere Abstimmung mit Zug). Die geringe Auslastung der Westumfahrung wurde angeprangert, aber auch die Notwendigkeit des Mittelanschlusses angezweifelt genauso wie die Errichtung einer Seilbahn von Brixen nach St. Andrä (bei abnehmenden Skifahrerzahlen und immer unsicher werdenden Schneeverhältnissen). Auch andere Trassen für die Seilbahn wurden vorgeschlagen. Weiters wurde die Frage an den Bürgermeister gerichtet, warum es noch zu keinem Rückbau der Staatsstraße durch die Stadt gekommen ist. (Der Bürgermeister nahm viele Vorschläge positiv auf, gerade bezüglich Citybus sind gewisse Verbesserungen sicher noch möglich, er betonte auch, dass gerade in der Mobilität ein vernetztes Denken von großer Wichtigkeit ist. Die Westumfahrung wird scheinbar immer besser angenommen, nachdem sie mittlerweile im Navigator-Straßennetz aufscheint. Vom Mittelanschluss genauso wie von der Umfahrung in Vahrn erhofft man sich eine weitere spürbare Entlastung der Straße durch die Stadt. Die Seilbahn wird nicht nur für den Skibetrieb errichtet; allein dafür gäbe sie keinen Sinn. Es soll grundsätzlich eine bessere Verbindung der Stadt mit dem Berg geschaffen werden, vor allem auch für den Sommer. Deshalb gibt eine Talstation in Albeins oder in der Industriezone keinen Sinn. Der Bürgermeister verwies schließlich noch darauf, dass es auch in anderen und noch viel größeren Städten ähnliche Bahnen gibt; auch das Geräuschproblem ist zufrieden stellend gelöst: die Kabinen der Seilbahn werden gezogen und bewegen sich nicht auf Rollen.)

Sprachgruppen: Dass man nun gewillt ist, die Sprachgruppen besser zusammenzubringen, wurde positiv gesehen. Gleichzeitig wurde aber auch darauf hingewiesen, dass dies in der Vergangenheit nicht so gut geklappt hat, wenn man daran denkt, dass immer wieder Parallelstrukturen für die jeweiligen Sprachgruppen geschaffen wurden (z.B. zwei Jugendzentren). Jetzt aber unter dem Druck des Sparens ist es plötzlich möglich solche Einrichtungen zusammenzuführen. (Für das neue sprachgruppenübergreifende Jugendzentrum wird als Standort das Astrakino angedacht.)

Quartiermanagement: Eine Initiative in diese Richtung wurde begrüßt, aber auch gleichzeitig nachgefragt, wie dies funktionieren soll. (Der Bürgermeister nannte das Beispiel Rosslauf, ein Viertel, das in kurzer Zeit sehr schnell und stark gewachsen ist. Die Menschen dort waren sich lange fremd und es gab wenig Gemeinsames. Mittlerweile hat sich die Situation etwas verbessert. Dazu braucht es gemeinsame Initiativen (z.B. Feste). Das kann aber nicht alles die öffentliche Hand in die Wege leiten, es braucht das Engagement vor Ort. Vereine können diesbezüglich sehr hilfreich sein. Er sprach auch das Wohnprojekt Schenoni an, wo insbesondere auf das Anliegen des Miteinanderwohnens mehrerer Generationen eingegangen werden soll.)

Bibliothek – Finanzierungen: Es zeigte sich, dass diese Einrichtung für viele ein besonderes Anliegen darstellt. Eine konkrete Frage lautete, ob das Gebäude der neuen Bibliothek letztlich der Gemeinde gehören wird oder angemietet werden muss. Wie steht es überhaupt mit der Finanzierung all der verschiedenen Vorhaben der Gemeinde? (Der Bürgermeister versicherte, dass die für die Bibliothek notwendigen Räumlichkeiten auf die Gemeinde übergehen: die Finanzkaserne, das Ex-Gefängnis und eine Kubatur der Diözese. Die Kosten für diese Einrichtung werden auf 5,5 Millionen € geschätzt. Möglicherweise ist dafür der Verkauf anderer gemeindeeigenen Immobilien notwendig. Die Musikschule wird zu 90 % vom Land finanziert. Das Projekt Stadt-Land-Fluss wird mit EU- und Landesgeldern bestritten. Bei der Erneuerung des Sportzentrums hingegen wird es wohl etwas langsam vorangehen, da dafür derzeit die Gelder fehlen. Es wurde auch noch das Priel-Gelände erwähnt, wo die Parkplätze wegkommen und stattdessen ein Stadthotel und die Musikschule geplant sind sowie ein Platz für die Märkte und für Konzerte)

Am längsten ging die Diskussion über die Seilbahn, aber auch zum Hofburggarten gab es konträre Meinungen (allerdings liegen diesbezüglich z.Z. keine konkreten Projekte noch vor). Grundsätzlich konnte angesichts der zahlreichen und teilweise auch groß dimensionierten Infrastrukturprojekte und Vorhaben bei einigen Diskussionsteilnehmern ein gewisses Unbehagen festgestellt werden. Besteht nicht die Gefahr, dass wir uns mit all diesen Projekten letztlich übernehmen, noch dazu in Anbetracht der Tatsache, dass die Gelder immer weniger werden, jedenfalls im öffentlichen Sektor? Welche Belastungen bürden wir damit den zukünftigen Generationen auf? Wurde nicht immer wieder – und zwar vor allem auch von politischer Seite – betont, in Zukunft mehr in Köpfe anstatt in Beton zu investieren?