In der Einführungsrunde wurde bereits sehr konkret auf verschiedenste Probleme, mit denen die Umweltbewegungen heute konfrontiert sind, hingewiesen; gleichzeitig wurden auch konkrete Wege aus der Krise aufgezeigt:

  • Verpolitisierung der Umweltbewegungen (vor allem durch die Grünen, aber auch andere Parteien haben die Umweltinteressen vereinnahmt, worunter sehr oft die Unabhängigkeit der Umweltbewegung gelitten hat)
  • Heterogenität der Umweltbewegungen, weshalb diese leider nicht immer am gleichen Strang ziehen
  • Nicht selten fallen Schlagwörter, wie Ökodiktatur und Ökoterrorismus, die insgesamt die Ökobewegung nicht gerade in ein gutes Licht rücken (Tendenzen in diese Richtung kann es möglicherweise geben, ausschlaggebend sind sie sicher nicht)
  • Unreflektiertes Leben macht sich immer mehr breit
  • Der Rückhalt der Umweltgruppen in der Gesellschaft ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zurückgegangen
  • Das Auftreten wirtschaftlicher Schwierigkeiten lässt Umweltprobleme in den Hintergrund treten
  • Die soziale Komponente wird von Seiten der Umweltverbände zu wenig berücksichtigt
  • Umweltanliegen allein reichen nicht aus; soziale Forderungen und Aspekte des fairen und regionalen Wirtschaftens müssten verstärkt miteinbezogen werden
  • Dabei besteht aber die Gefahr, dass man sich übernimmt, da es schwer sein wird, in all diesen Bereichen gleichzeitig kompetent auftreten zu können
  • Ein ganzheitlicher Ansatz ist ein wichtiges Markenzeichen der Umweltbewegungen, diesem Anspruch müssen sie versuchen, auf welche Weise auch immer, gerecht zu werden

Klauspeter Dissinger widersprach diesen Ausführungen in keinster Weise.

Er gab zu allererst einen kurzen Überblick über die Entwicklung der Umweltbewegung:

Die sechziger und siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts waren die Zeit, in denen die großen, weltumspannenden Umweltverbände gegründet wurden (WWF, Greenpeace, auch der Club of Rom wies in dieser Zeit bereits auf die Grenzen des Wachstums hin, Anti-Atomkraftbewegungen entstanden und es war auch die Zeit, in der die politische Bewegung der Grünen aus der Taufe gehoben wurde).

Trotz dieses Aufblühens des Umweltgedankens traten in der Folge in der westlichen Wirtschaftswelt Politiker auf den Plan (Reagan und Thatcher), die einem äußerst aggressiven Kapitalismus und liberalem Wirtschaftssystem den Weg bereiteten. Dadurch kam die Ökobewegung trotz der nicht unerheblichen Stärke nicht im gebührenden Maße zum Zug.

Auch in Südtirol entstanden verschiedene Umweltgruppen und –verbände. Klauspeter nahm das Beispiel des Umweltbundes in Brixen heraus, der Anfang der neunziger Jahre gegründet wurde und bei dem er viele Jahre mitgewirkt hat. Der Gruppe ist es in den letzten beiden Jahrzehnten gelungen verschiedene Umweltthemen und –initiativen voranzubringen. Es wurde auch immer wieder die politische Arbeit in der Gemeinde auf deren Umweltverträglichkeit überprüft und wenn nötig entsprechend kommentiert.

  • Die Verkehrsproblematik in Brixen nahm in der Arbeit des Umweltbundes einen wichtigen Stellenwert ein: Verkehrsberuhigung der Innenstadt, Entlastung der Staatsstraße, Westumfahrung, Autobahnanschluss im Süden der Stadt, Einhausung der Autobahn, Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes (Einrichten eines Citybus-Systems), Ausbau des Radweg- und Verbesserungen des Gehwegnetzes.
  • Ein weiteres Anliegen war das regionale Wirtschaften; in diesem Zusammenhang wurde auf Initiative des Umweltbundes mit verschiedenen Biobauern ein Biobauernmarkt eingerichtet (der erste in Südtirol übrigens); der Umweltbund hatte dabei verschiedenste organisatorische Aufgaben übernommen.
  • In der Energiefrage bezog der Umweltbund immer wieder Stellung; er setzte sich viele Jahre für die Errichtung eines Fernwärmesystems ein. Ein solches System wurde zwar geschaffen, aber es wird leider mit fossilen Energieträgern betrieben und nicht mit erneuerbaren, wie Biomasse: nur ein Teilerfolg also (in Vahrn wurde allerdings eine Heizzentrale errichtet, die ebenfalls im Brixner Fernwärmesystem eingebunden ist und mit Hackschnitzel befeuert wird).
  • Auch die typische Eisacktaler Kulturlandschaft lag dem Verein am Herzen; es wurden mehrere Initiativen zur Erhaltung der Kastanienhaine gestartet.
  • Schließlich hat sich der Umweltbund schon vor geraumer Zeit für die Öffnung des Hofburggartens ausgesprochen. Er ist im Bauleitplan als öffentliches Grün eingetragen und sollte deshalb auch als solches genutzt werden können.

Nach diesem kurzen Abstecher auf die lokale Ebene ging es wieder mit der Umweltproblematik auf globaler Ebene weiter. Der in den westlichen Wirtschaftsmächten ausgebrochene Turbokapitalismus (wie oben bereits angesprochen) hatte zur Folge, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklaffte und dies wiederum verdrängte den Umweltgedanken in die zweite Reihe.

Von den etablierten Parteien und den Staatsregierungen wurden verschiedene Inhalte der Umweltbewegungen aufgenommen. Vor allem der technische Umweltschutz wurde erheblich ausgebaut (Kläranlagen, Müllentsorgungsanlagen, Mülltrennung, Luftreinhaltemaßnahmen).

Als ein widersprüchliches Thema gestaltet sich zusehends die Energiefrage. Energieeinsparung wird zwar von allen gutgeheißen, Fakt ist aber, dass trotz der zahlreichen und vielfältigen Bemühungen in diesem Bereich der Gesamtenergieverbrauch weiterhin zunimmt (mit Ausnahme einiger krisenbedingten Schwankungen). Auch bezüglich der Nutzung erneuerbarer Energiequellen gehen die Meinungen weit auseinander. Den Umweltgruppen wird vorgeworfen, dass sie sich früher immer für erneuerbare Energieformen eingesetzt haben und nun bremsen sie. Aber sollen Umweltverbände still sein, wenn sie mit ansehen müssen, wie das letzte Wasserrinnsal für hydroelektrische Zwecke ausgeleitet wird, wie Palmöl tausende von Kilometern transportiert wird, um bei uns in Blockheizkraftwerken verheizt zu werden, wie sensible Natur- und Landschaftsbereiche von Photovoltaikanlagen und Windkraftanlagen verunstaltet werden? Nein dürfen sie natürlich nicht, im Gegenteil, sie haben die Pflicht, auch bei der Nutzung dieser Energieformen darauf hinzuweisen, dass diese in einem umweltverträglichen Rahmen erfolgt.

Laut Klauspeter verbleibt den Umweltverbänden nach wie vor eine äußerst wichtige Kontrollfunktion, sie sind das Umweltgewissen für die Regierenden und Wirtschaftstreibenden. Aber auch der soziale Aspekt soll und muss in Zukunft verstärkt miteinbezogen werden. Sozial- und Umweltverträglichkeit sind eng miteinander verknüpft und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden, wie dies teilweise im Zusammenhang mit den Erhalt von Arbeitsplätzen passiert oder mit dem Konsumentenschutz, wenn es ausschließlich nur mehr um möglichst günstige Preise geht.

Auch in der Diskussion wurde das Thema der erneuerbaren Energiequellen recht widersprüchlich aufgearbeitet. Vor allem in Bezug auf die Windkraft wurde darauf hingewiesen, dass es sich dabei um eine Energieform handelt, die aus energiewirtschaftlicher Sicht wegen dem hohen Wirkungsgrad sehr viele Vorteile aufweist.

Es war schließlich nicht vermeidbar, wie immer bei derartigen Diskussionen, dass man sich auf die Suche nach den Verantwortlichen machte.

Die Politik scheint jedenfalls bei weitem nicht ihren Aufgaben gerecht zu werden, nämlich Leitplanken, Kriterien vorzugeben, damit das ganze System in möglichst umweltverträglicher und nachhaltiger Art und Weise funktioniert. Nicht nur mit einschlägigen Umweltgesetzen, sondern auch über verschiedene andere Maßnahmen wie Besteuerungen (stärkere Besteuerung der Rohstoffe, Einführung der Kostenwahrheit im Transportwesen und nicht nur in diesem Bereich, Herabsetzung der Lohnnebenkosten, Besteuerung der Kapitalerträge, Transfersteuer, stärkere Besteuerung der Vermögen u.ä.) und Förderungen könnten Verbesserungen herbeigeführt werden.

Auch die Wirtschaftstreibenden nutzen vielfach ihre Spielräume nicht aus. Ein Wirtschaften ohne jegliche ethische Grundsätze mit dem einzigen Ziel der Gewinnmaximierung kann nie und nimmer zu einem umweltgerechten System führen. Dafür ist die Wirtschaft einfach zu mächtig. Gesetze und Bestimmungen allein werden nicht ausreichen, wenn nicht auch die Akteure der Wirtschaft selbst gewisse Dinge einsehen. Bei den maßgeblichen Wirtschaftskreisen, für die Wachstum, Wettbewerb und Gewinn das Maß aller Dinge ist, allerdings scheinen Kriterien wie Nachhaltigkeit oder Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe nach wie vor keine große Rolle zu spielen. Der Wirtschaft kann insgesamt kein gutes Zeugnis ausgestellt werden, was besonders ins Gewicht fällt, wenn man daran denkt in welcher Weise und in welche Richtung sie mit ihrer immensen Lobbyarbeit die Politik beeinflusst (und zwar maßgeblich). Damit sollen in keiner Weise die Bemühungen von Wirtschaftszweigen, die sich den Kriterien fair, regional, nachhaltig und sozial verschrieben haben, abgewertet werden. Leider fristen aber diese nach wie vor ein eher kümmerliches Randdasein.

Wie weit wird der Bürger und Konsument den Anforderungen eines der Nachhaltigkeit verpflichteten Verhaltens gerecht? Die Antwort kann schon mal vorweggenommen werden: leider versagt auch der Bürger über weite Strecken. Der Anteil von Personen, die sich einem kritischen und umweltverträglichen Konsum verschreiben, ist zu gering, als dass dadurch maßgebliche Einwirkungen auf das wirtschaftspolitische System erzielt werden können. Die Gründe dafür (die wenigstens als solche angeführt werden) sind viele: es kann eh dadurch nichts erreicht werden  oder umweltverträglicher Konsum ist viel zu kompliziert und es fehlen die dafür notwendigen Informationen, Bioprodukte sind zu teuer und schließlich spielt auch die Bequemlichkeit eine nicht unwesentliche Rolle. Es ist deshalb wichtig, dass der Forderung nach mehr Transparenz über die Beschaffenheit und Herkunft der Lebensmittel sowie verschiedenster Konsumartikel verstärkt Rechnung getragen wird, dass durch mehr Kostenwahrheit Preise angeglichen werden, aber es gilt auch einzusehen, dass die Konsumenten durch die Nachfrage sehr wohl bis zu einem gewissen Punkt das Angebot bestimmen, es braucht allerdings eine gewisse Anzahl dafür. Dieses Engagement fehlt leider über weite Strecken. Jedenfalls kann dem Verhalten des Bürgers, heute wie heute, keine große Wirkung in Richtung Nachhaltigkeit zugeschrieben werden. Seiner Verantwortlichkeit wird er ganz sicher nicht gerecht.

Nun, das mag alles ein bisschen pessimistisch klingen. Es gibt aber auch Anzeichen, die in eine andere Richtung weisen. Möglicherweise wird sich in naher Zukunft eine nachhaltigere Wirtschafts- und Lebensweise durch veränderte Umstände von alleine einstellen. Die Tatsache, dass die Ressourcen zusehends verknappen, wird automatisch einen Preisanstieg bewirken und damit auch einen sorgsameren Umgang mit den Rohstoffen. Weiters scheint die Kaufkraft nicht mehr zuzunehmen. Das mag zwar aus einem gewissen Blickwinkel (des Konsumenten) negativ erscheinen, für die Umwelt aber hat dies sicherlich positive Auswirkungen. Das viel beschworene Wirtschaftswachstum wird schon allein aus diesem Grund nicht mehr möglich sein. Damit besteht auch ein Hoffnungsschimmer dem Teufelskreis – Wirtschaftswachstum/Ankurbelung des Ressourcenverbrauchs/Zunahme der Umweltzerstörung – entrinnen zu können. Es besteht allerdings die Gefahr bei einem solchen Szenario, dass ganze Bevölkerungsschichten verarmen, wenn es nicht gleichzeitig gelingt, für mehr sozialen Ausgleich zu sorgen. Dies wird die größte politische Herausforderung der Zukunft sein.

Die Tatsache, dass Umweltschutz oft mit Verzicht in Verbindung gebracht wird, kann ein gewisses Imageproblem mit sich bringen. Dabei handelt es sich allerdings um eine reine Ansichtssache. Für jemanden, der von einem bewussten Konsum überzeugt ist, ist es wahrscheinlich kein Verzicht, wenn er gewisse Produkte sich nicht aneignet. Vom Verzicht sprechen aber natürlich all jene, denen das Produkt wichtiger ist, als jegliche andere Überlegung.

Zum Schluss wurden Klauspeter einige Tipps (auch auf sein Ersuchen hin) für seine Arbeit im Dachverband für Natur- und Umweltschutz mitgegeben:

Umweltbewegungen sollten gegen ihren Nimbus als Neinsager ankämpfen und verstärkt propositiv wirken. Dabei wird eine gewisse Kontrollfunktion ihnen auch weiterhin zukommen. Es ist nun einmal wichtig, dass, wenn es um ökologisch einschneidende Vorhaben geht, sich auch die Stimme des Umweltschutzes erhebt. Gleichzeitig darf die propositive Arbeit nicht in die zweite Reihe gedrängt werden. Im Gegenteil, das Präsentieren von neuen Vorschlägen und Konzepten in den verschiedensten umweltrelevanten Bereichen (Verkehrskonzepte, Müllvermeidung, Biolandwirtschaft, Vermarktung regionaler Produkte, sanfter Tourismus, Energieeinsparung usw.) sollte eine zentrale Position einnehmen.

Nicht vergessen werden darf die gesellschaftliche Komponente: Feste dürfen nicht fehlen, es gilt Erlebnisse zu schaffen und vielleicht würde auch mehr Sexappeal nicht schaden.