Vor allem zwei unterschiedliche Zielsetzungen haben sich an diesem Diskussionsabend bezüglich einer öffentlichen Nutzung und Neugestaltung des Hofburggartens herauskristallisiert:

1. Die Gemeinde Brixen hat mit der Beauftragung des Schweizer Planungsbüros Steiner eine ganz bestimmte Marschrichtung eingeschlagen. Im Hofburggarten soll eine Attraktion entstehen, durch die möglichst viele Menschen in die Stadt gelockt werden. Für gewisse Kreise in Brixen, vor allem Kaufleute, Touristiker usw. braucht es Angebote, die Brixen auch an Schönwettertagen für Touristen interessant macht. An Schlechtwettertagen wird die Stadt teilweise regelrecht von Menschenmassen überflutet, bei schönem Wetter hingegen gibt es wenig, was die Gäste in die Stadt zieht. Um eine besondere Attraktion zu schaffen, müssen entsprechende Investitionen getätigt werden. Wenn aber ein großer Aufwand betrieben wird, wird das wohl zur Folge haben, dass von den BesucherInnen ein Eintritt verlangt werden muss.

Das Planungsbüro Steiner wurde von der Gemeinde beauftragt, Vorschläge auszuarbeiten für ein derartiges Angebot. Im Herbst 2010 wurden zwei Szenarien präsentiert:

  • Die Apfelwelten stellen den Apfel ins Zentrum der Attraktion und zwar mit einem so genannten Big Apple, ein großes, apfelartiges Gebäude, das in der Mitte des Gartenareals entstehen soll. In diesem Besucherzentrum wird das Thema Apfel unter verschiedenen Gesichtspunkten aufbereitet. Dies können Ausstellungen zur Geschichte des Apfels, zu verschiedenen wissenschaftlichen Aspekten des Apfelanbaus, aber auch eine Experimentierküche u.Ä sein. Rund um den Big Apple sollen dann noch eine Reihe weiterer Anlagen zum Thema Apfel errichtet werden: einen Streuobstgarten, eine Obstplantage, ein Symbolgarten, ein Glashaus sowie verschiedene Spaß- und Erlebnisangebote (Kinderwelt, See mit Seebühne, Bootsanleger).
  • Bei den Wasserwelten hingegen steht das Element Wasser im Mittelpunkt. Geplant sind zwei Wasserflächen, die über verschiedene Wasserkanäle miteinander verbunden sind, mit Seebühne, Bootsanlegestellen und Ufercafé. Die BesucherInnen können den Garten möglicherweise mit kleinen Booten erleben. Zwischen den Kanälen und Wasserflächen sind verschiedenen weitere Attraktionen vorgesehen: Springbrunnenallee, tanzende Gärten, Hügel der Wassergöttin, Wasserlabyrinth, Insel der Glückseligen, Garten des Schmauses.

Die eigens von der Gemeinde eingerichtete Arbeitsgruppe zeigte sich zu beiden Vorschlägen äußerst skeptisch. Die Apfelwelten erschienen zu wenig attraktiv und zu wenig auf die Realität von Brixen abgestimmt. Die Wasserwelten konnten schon eher überzeugen, trafen aber auch nicht auf ungeteilte Zustimmung. Für einige Vertreter der Arbeitsgruppe stand Spiel und Spaß all zu sehr im Vordergrund und zu wenig die spirituelle Dimension, die nicht vernachlässigt werden darf in diesem Ensemble der Hofburg, der ehemaligen Residenz des Bischofs.

Als sich die Gemeinde anschickte, in einer Bürgerversammlung den Stand der Planung in Sachen Hofburggarten vorzustellen, kam Schwung in die Angelegenheit. Die BrixnerInnen begannen sich zu interessieren für den Hofburggarten. Es bildete sich die Initiativgruppe Pro Pomarium, die sich grundsätzlich besorgt zeigte vor einer Verschandelung und einer all zu sehr kommerziellen Nutzung des Hofburggartens.

2. Damit wären wir bei der zweiten, oben angekündigten Zielsetzung, die vor allem von dieser Initiativgruppe verfolgt wird: Wenn der Hofburggarten für die Allgemeinheit geöffnet wird, soll er eine möglichst schonende Nutzung erfahren, die sich mit dem geschichtsträchtigen Kontext der Hofburg vereinbaren lässt. Fünf Vorschläge, Prämissen, die bei einer Neugestaltung des Hofburggartens berücksichtigt werden sollten, wurden unterbreitet:

  • „Erhaltung des denkmalgeschützten Baumgartens in seiner seit dem 13. Jahrhundert nachgewiesenen Funktion als Obstgarten und als Bestandteil des Ensembles der fürstbischöflichen Residenz rund um die Brixner Hofburg.
  • Anlage eines großen Obstgartens in Form eines Streuobstbestandes und Sammlung möglichst aller Obstsorten des Alpenraums mit besonderer Berücksichtigung der alten Sorten, deren Bestand in Gefahr ist.
  • Freier Eintritt für alle.
  • Behutsamer Einbau von Spiel- und Unterhaltungsmöglichkeiten für alle.
  • Keine Eventisierung des Areals, keine großen Bauten und keine Parkplätze im Areal.“

Hauptziel soll also nicht sein, einen Attraktionspunkt für Brixen zu schaffen, der möglichst viele Menschen in den Hofburggarten und nach Brixen lockt, sondern in erster Linie eine Einrichtung für die Brixner Bevölkerung zu schaffen bei bestmöglicher Erhaltung des Ensembles Hofburg und Garten.

Bei der Bürgerversammlung Anfang November 2010 wurde neben den beiden Szenarien Otto Steiners auch noch die Diplomarbeit von Eva Maria Schgaguler über eine sanfte Erschließung des Hofburggartens (Sortengarten, Cafè, Laden, Ausstellungsraum, Orte der Ruhe , des Rückzugs und der Besinnung, Erleben der Jahreszeiten) vorgestellt und Ermengildo Spagnolli, ehemaliger Direktor der Stadtgärtnerei Bozens, lieferte ebenfalls einige Ideenskizzen.

Aber nicht nur zur inhaltlichen Ausrichtung der Nutzung des Hofburggartens bezog die Initiativgruppe Pro Pomarium Stellung, sondern auch zur weiteren Vorgangsweise. Die Bevölkerung Brixens soll bei allen Entscheidungen über die Zukunft des Hofburggartens bestmöglichst und frühzeitig einbezogen werden. Keine voreiligen Entscheidungen dürfen getroffen werden, ein guter Entscheidungsprozess braucht seine Zeit, weshalb sich Pro Pomarium nicht mit einer provisorischen Öffnung anfreunden kann (eine gewisse Anzahl von Führungen sollte aber schon einmal angeboten werden). Schließlich sollte ein Wettbewerb über die Gestaltung des Hofburggartens für qualifizierte LandschaftsarchitektInnen und GartenplanerInnen ausgeschrieben werden. Bezüglich zukünftiger Führung des Hofburggartens strebt pro Pomarium ein genossenschaftliches Modell an. Zu diesem Zwecke hat sich mittlerweile ein Promotorenkomitee zusammengefunden, das sich darum bemüht eine Genossenschaftsstruktur aufzubauen.

In einem Punkt sind sich Gemeinde und Promotorenkomitee allerdings einig: Der Hofburggarten soll der Brixner Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden; dessen Öffnung wird als einmalige Chance für Brixen angesehen.

Die Diskussion in der Gruppe des Freitagsalons verlief relativ kontrovers. Bereits in der Frage, ob Brixen eine weitere Garten- und Parkanlage für die Öffentlichkeit braucht, gingen die Meinungen auseinander. Für einige ist der Bedarf an weiterem Grün in der Stadt nicht gegeben, da Brixen zum einen nicht gerade eine große Stadt ist und zum zweiten sind in der näheren Umgebung ausgedehnte natürliche und naturnahe Waldbereiche vorhanden, die für die Naherholung genutzt werden können. Der Großteil der DiskussionsteilnehmerInnen sprach sich aber doch für eine öffentliche Nutzung des Hofburggartens aus.

Auch über die Vorgabe, dass der Hofburggarten weiterhin großteils ein Apfelgarten bleiben soll, herrschte keine Einigkeit vor. Es wurde eingeworfen, dass der Garten in seiner Nutzung bereits in der Geschichte eine gewisse Veränderung durchgemacht hat. In dem reinen Apfel-Nutzgarten, wie er im Mittelalter entstanden war, kamen später in der Barockzeit auch einige Fest- und Rappräsentationselemente hinzu (z.B. der japanische und chinesische Turm im Südtrakt des Gartens). Dadurch ist es zu einer Mischform zwischen Nutz- und Festgarten gekommen. In der jüngeren Zeit wurde die Fläche schließlich zu einer intensiven Obstanlage umfunktioniert.

In der Diskussion über die Nutzung des Hofburggartens ist weiters die Forderung aufgetaucht, zuerst einmal die Bedürfnisse der Brixner Bevölkerung festzustellen. Dass allerdings mit Sicherheit nicht jede Idee oder jeder Vorschlag umgesetzt werden kann, ergibt sich schon einmal daraus, dass eine Neugestaltung des Hofburggartens auf jeden Fall denkmalpflegegerecht zu erfolgen hat; darüber war man sich dann doch relativ einig. Auch sprachen sich die meisten dafür aus – wenn schon aus dem Hofburggarten eine neue Einrichtung für die Öffentlichkeit geschaffen wird – dass diese vor allem der Brixner Bevölkerung zugute kommen soll.

Bezüglich Investitionsaufwand und Abdeckung der Kosten für Pacht, Instandhaltung und Führung gab es hingegen wieder recht unterschiedliche Vorstellungen. Nicht alle waren z.B. der Meinung, dass sich die Einrichtung selber tragen sollte, ohne dass zusätzliche Auslagen für die öffentliche Hand entstehen. Ähnlich gingen auch die Meinungen über einen eventuellen Eintritt auseinander.

Eins spiegelte die Diskussion auf jeden Fall wider: die Vorstellungen über die Neugestaltung und zukünftige Nutzung des Hofburggartens sind nicht so einfach auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Es wird deshalb nicht ganz falsch sein, wenn man sich die notwendige Zeit nimmt, damit eine Entscheidung heranreifen kann, die zu einer möglichst breit akzeptierten Lösung führt und zu einer Einrichtung, die der Stadt Brixen effektiv dient und von der Bevölkerung angenommen wird. Auch eine Bürgerbefragung sollte eventuell in Betracht gezogen werden.