50x50x50 ist eine Kunstinitiative der anderen Art. Zwei Künstler, Hartwig Thaler und Reinhold Tappeiner, laden ein zu einer gemeinsamen Kunstausstellung. Dies geschieht nicht alle Tage, dass KünstlerInnen andere KünstlerInnen animieren, miteinander eine derartige Kunstaktion zu starten. Die Welt der Kunst ist sonst eher von einem ausgeprägten Individualismus der Künstlerpersönlichkeiten, wenig Kooperation, Eifersüchteleien und Konkurrenz bis hin zu Feindseligkeiten (bedingt wohl durch einen gewissen Überlebensdruck) gekennzeichnet.

Hartwig Thaler erfüllt sich mit dieser Aktion einen bereits seit langem gehegten Wunsch. Ein gewisses öffentliches Engagement ist ihm wichtig. Damit soll die Präsenz der Kunst in der Öffentlichkeit gesteigert werden. Für Hartwig nimmt die Kunst in unserer Zeit nicht unbedingt den Stellenwert ein, den sie vielleicht einnehmen könnte und sollte. Deshalb ist es für die KünstlerInnen auch besonders schwierig, den ökonomischen Erfolg zu erzielen, den sie brauchen. Die prekäre wirtschaftliche Situation, in der sich viele KünstlerInnen befinden ist nicht sehr förderlich für deren künstlerisches Schaffen.

Nun zu den wichtigsten Merkmalen von 50x50x50 Kunst Südtirol:

  • Die große Kunstausstellung soll in der Festung Franzensfeste stattfinden. Der Ort bietet sich an wegen der zahlreichen und auch relativ großen (60-70 m²) vorhandenen Räumlichkeiten. Die Festung wurde für kriegerische Zwecke errichtet, was nicht gerade für diese Location spricht. Es muss aber auch hinzugefügt werden, dass der Ort diese Zweckbestimmung längst verloren hat. Seitdem die Festung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, diente sie bereits des Öfteren für Ausstellungen und vor allem auch für Kunstprojekte. Der riesige Festungsbau genießt eine gewisse Ausstrahlung und beeindruckt den Besucher. Er wurde aus architektonischer Sicht geradezu mustergültig hergerichtet. Die Restaurierungsarbeiten – geplant von den Architekten Scherer und Dietl – haben bereits Architekturpreise erhalten. Somit eignet sich die Franzensfeste auch für diese Kunstveranstaltung 50x50x50 Kunst Südtirol ausgezeichnet.
  • 50 und mehr KünstlerInnen (aus der bildenden Kunst, wie Malerei, Bildhauerei usw.), die bereits ein gewisses künstlerisches Schaffen aufweisen können, wurden angeschrieben und gefragt, ob sie bei dieser Ausstellung teilnehmen möchten. Bis jetzt haben 37 KünstlerInnen ihre Teilnahme zugesagt. Auch wenn möglicherweise die Anzahl 50 nicht erreicht werden kann, so bleibt man trotzdem beim Namen 50x50x50 Kunst Südtirol, das ja schließlich das Ziel war. Das Projekt ist sprachgruppenübergreifend, es beteiligen sich zwar vorwiegend deutschsprachige, aber es sind auch italienisch- und ladinischsprachige KünstlerInnen dabei.
  • Ein Thema, ein inhaltlicher Titel, wurde ganz bewusst nicht vorgegeben. Die KünstlerInnen und deren Werke sollen im Mittelpunkt stehen. Eine kollektive, „aufgedichtete“ Idee braucht die/der KünstlerIn nicht für ihr/sein Schaffen. Den ausstellenden KünstlerInnen soll eine interessante und attraktive Möglichkeit angeboten werden, sich mitzuteilen und ihre Künstlerpersönlichkeiten einzubringen. Es wird auf die Kraft gebaut, die durch die Summe der KünstlerInnen und deren Werke entsteht. In diesem Sinn wird es auch keine Führer oder Vermittler geben, die durch die Ausstellung führen. Die KünstlerInnen selbst aber werden im Rahmen ihrer Möglichkeiten zugegen sein.
  • Die Unterstützung von Seiten des Trägervereins der Franzensfeste Oppidum (zuständig für Führungen durch die Festung, Aufsicht und Renovierungsarbeiten) ist gegeben. Der Verein gewährleistet eine gewisse Grundaufsicht für die Kunstausstellung. Aber auch die AusstellerInnen selbst werden z.T. die Aufsicht zu übernehmen haben. Für den An- und Abtransport sowie die Versicherung der Kunstwerke müssen sie ebenfalls selbst aufkommen. Auch eine kleine Miete ist zu entrichten (für verschiedene anfallende Spesen, wie Reinigung usw.). Ein Verkauf von Kunstwerken findet während der Ausstellung nicht statt, womit aber nicht unterbunden werden soll, dass auch Kaufinteressierte sich umschauen können.
  • Das Kunstprojekt wird von keinen offiziellen Stellen gefördert; nicht weil dies Programm war, sondern weil es für die angesprochenen Stellen nicht förderungswürdig erschien aus Gründen, wie „das Projekt ist nicht ausgereift“ oder „da dürfen die Künstler ja machen was sie wollen“. Die beiden Promotoren haben sich dadurch nicht entmutigen lassen und versuchen trotzdem mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, die Ausstellung auf die Beine zu stellen.
  • Die Ausstellung dauert 50 Tage lang, vom 21. Mai bis zum 9. Juli. Geplant ist auch ein gewisses Rahmenprogramm, soweit es gelingt, Leute dafür zu gewinnen. Die Verantwortung dafür wird allerdings den einzelnen Akteuren dieser Rahmenveranstaltungen überlassen, die gewissen kulturelle Darbietungen anbieten möchten.

Anlass zur Diskussion gab vor allem die Tatsache, dass sich die offiziellen Instanzen so skeptisch diesem Projekt gegenüber gezeigt haben.

Es hat den Anschein, dass der Kunstbetrieb in ganz bestimmten Bahnen verläuft. Die großen Finanzen fließen in die Strukturen, weshalb dort die Fäden zusammenlaufen sollen. Freie Initiativen können dann schon mal auf Skepsis und Ablehnung stoßen. Darin wird auch eine gewisse Tendenz vermutet, Einfluss auf das künstlerische Schaffen auszuüben.

An kritischen Meldungen zu den Einrichtungen im Kunstbetrieb mangelte es nicht. Sie würden sich manchmal selbst als die Produzenten der Kunst sehen; die/der Kunstschaffende und deren/dessen Künstlerpersönlichkeit würden dadurch in den Hintergrund gerückt.

Die Triebfedern für die KünstlerInnen seien nicht so sehr finanzieller Natur (wobei der wirtschaftliche Erfolg nicht außer Acht gelassen werden kann, um als KünstlerIn auch auf dieser Ebene zu Rande zu kommen); im Vordergrund stehen Phantasie, Leidenschaft, Lust sich künstlerisch auszudrücken, Kreativität und Freiheiten, die die Welt der Kunst zu bieten hat.

Von einigen DiskussionsteilnehmerInnen wurde die Tatsache, dass die Teilnahme an der Kunstveranstaltung 50x50x50 Kunst Südtirol nicht allen offen steht, kritisch gesehen. Angeschrieben wurden KünstlerInnen, die sich mit ihrem künstlerischen Schaffen bereits des öfteren der Öffentlichkeit gestellt haben, deren Art zu arbeiten bereits bekannt ist. Hartwig hat sich vor allem an die Künstlerpersönlichkeiten der mittleren Generation (der er selbst angehört) gewandt.

Gedacht wurde dabei auch daran, einen gewissen Qualitätsanspruch für die Ausstellung gewährleisten zu können. Ein Scheitern des Kunstprojektes wegen mangelnder Qualität der ausgestellten Kunstwerke möchte man auf jedem Fall verhindern.

Die Diskussion lief schließlich auf ein weiteres Thema hinaus und zwar allgemein auf die Kunst im öffentlichen Raum. Es scheint, dass sich die Kunst in der heutigen Zeit diesbezüglich eher schwer tut. Sachlichkeit, Nüchternheit, die einfache Linie sind groß geschrieben. Alles Ornamentale ist schon fast verpönt. Man bewegt sich weg von der Gestaltung. Bei Kunstwettbewerben, z.B. für die Kunst am Bau, kann festgestellt werden, dass eher unauffällige Arbeiten Berücksichtigung finden. Auf politischer Ebene zeigt sich eine weit verbreitete Angst vor Kunstinstallationen im öffentlichen Raum. Dies hat wohl damit zu tun, dass derartige Initiativen sehr oft mit großen und sehr kontrovers geführten Diskussionen verbunden sind. Es auf dieser Ebene der Bevölkerung Recht zu machen, scheint äußerst schwierig zu sein.

Weiters wurde darauf hingewiesen werden, dass heute viel an Kreativität und gestalterischem Potential in Bereiche wie Werbung, Graphik und Design fließt. Die Arbeit im Werbesektor ist allerdings viel zweckgebundener als in den eigentlichen Kunstgenres und es können nicht jene Freiheiten genossen werden, die die Kunst im Allgemeinen für sich beansprucht.

Die zeitgenössische Kunst hat heute auch sehr mit dem Nimbus des Elitären und Abstrakten zu kämpfen. Nur selten kommt sie ohne Erklärungen und Vermittlung aus. Großes Interesse und breite Zustimmung sind deshalb nur schwer zu erreichen, müssen aber dennoch nicht von vornherein ausgeschlossen werden.

Anschließend an die Diskussion über das eigentliche Thema, haben wir uns noch kurz über den generellen Ablauf der Diskussionsrunden beim Freitagsalon unterhalten. Nicht alle sind mit dem Ablauf immer zufrieden. An so manchen Abenden passiert es, dass streckenweise der rote Faden im Laufe der Diskussion abhanden kommt und lediglich einzelne Stellungnahmen, die inhaltlich nur wenig miteinender zu tun haben, aneinander gereiht werden. So manche/r TeilnehmerIn wünscht sich, dass gewisse Aspekte eingehender ausdiskutiert werden und eine bessere Dialektik zum tragen kommt. Darunter darf in keinster Weise eine Zensur inhaltlicher Natur verstanden werden. Es geht nicht darum Diskussionsbeiträge auszublenden oder zu unterbinden, sondern lediglich um das Bedürfnis gewisse Positionen und Stellungnahmen etwas tiefer gehend abhandeln zu können.

Ich denke, Hermann Barbieri ist es sehr gut gelungen, eine wesentliche Voraussetzung für eine gelungene Diskussion herauszustreichen, wenn er vor allem auf das Vorhandensein einer größtmöglichen Offenheit hingewiesen hat. Unterstrichen hat er seine Ausführungen mit einem passenden Zitat von Albert Einstein: „Der Geist ist wie ein Fallschirm. Er funktioniert nur, wenn er sich öffnet.“