Nur wenige Menschen empfinden Bedauern über die Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche Lichtquellen. In astronomischen Kreisen wird der Sachverhalt zwar naturgemäß oft thematisiert, sind doch bei Licht keine Sterne zu sehen. Hat der egoistische Wunsch einiger weniger Himmelsforscher nach einem dunklen Himmel aber wirklich keine Daseinsberechtigung oder steckt am Ende doch mehr dahinter, auch wenn 2009 zum Jahr der Astronomie auserkoren wurde?

Himmelsvergleich über der Sophienalpe bei Wien und über der Mongolei
Weitwinkelaufnahme des Himmels über der Mongolei Weitwinkelaufnahme des Himmels über der Sophienalpe bei Wien
Vergleich von Weitwinkelaufnahmen des Himmels über der Sophienalpe bei Wien und über der Mongolei unter identischen technischen Bedinungen (Aufnahmedatum: 22. August 2007 (Sophienalpe) und 30. Juli 2008 (Mongolei), mit freundlicher Genehmigung von Georg Zotti, Wien).

Dieser Frage sind etliche Experten auf dem „Darksky 2008“-Symposium in Wien nachgegangen, und kamen zum Schluss, dass der Schutz des Nachthimmels nicht nur Astronomen sondern der gesamte Biosphäre der Erde zu Gute kommen würde. Und die präsentierten Ergebnisse gehen sogar noch einen Schritt weiter: Die von nächtlichem Licht ausgehende Gefahr ist für bestimmte Lebewesen sogar in hohem Maße bedrohlich.

In der Pflanzenwelt zählen Bäume zu den Opfern, wenn sie in der Nähe von Straßenlampen früher austreiben und auch länger Laub tragen. Frostschäden sind die Folge. Ist der Ultraviolettanteil der künstlichen Lichtquelle unnötig hoch, treibt dies nicht nur den Energieverbrauch in die Höhe, sondern irritieren auch Insekten. Ganze Insektenvölker werden durch das Licht angelockt, geblendet, verlieren die Orientierung und verhungern nahe der Lichtquelle. Dies passiert oftmals in großem Umkreis, weshalb nicht nur ein essentielles Glied der natürlichen Nahrungskette fehlt sondern auch die Produktion von menschlichen Nahrungsmitteln in Mitleidenschaft gezogen wird, da ganze landwirtschaftliche Betriebe von der Bestäubung ihrer Gemüse- und Obstanlagen durch Insekten abhängen.

Zählen auch Korallenriffe zu den Verlierern der Lichtverschmutzung, sind Spinnen und Algen eindeutig auf der Gewinnerseite. Somit kommen zu den Beleuchtungskosten auch hohe Reinigungskosten hinzu, da Spinnen- und Algenkolonien gerne auf Gebäudefassaden siedeln.

Zugvögel indes müssen in die Opferrolle schlüpfen und kreisen lange Zeit orientierungslos über hell beleuchteten Städten oder werden von Flugwarnlichtern auf allerlei Gebäuden angezogen. Im ersten Fall verlieren die Schwärme wertvolle und auf ihrem Zug bitter benötigte Energie, im zweiten enden Zusammenstöße entweder mit Verletzungen oder gar dem Tod.

All diese Argumente sind für viele kein Grund zum Handeln, anerzogene Indifferenz der Natur gegenüber zieht oftmals Sorglosigkeit nach sich. Vielleicht ließe sich ja eine Aussicht auf erspartes Geld als Weckruf einsetzen. Die Stadt Wien hat im Zuge Ihres „Masterplans Licht“ die Stadtbeleuchtung eine Stunde früher auf Halbnachtschaltung gesetzt, wodurch im Jahre 2007 220.000 EUR gespart werden konnten. Auch energiesparende Leuchtmittel bergen ein immenses Sparpotential in sich, für Haushalte scheint die EU endlich diesbezüglich Taten zu setzen. Auf dem entsprechenden Darksky-Symposium des Jahres 2007 in Bled (Slowenien) sind gewaltige Einsparungspotentiale im europaweitem Rahmen genannt worden: Würde man in der öffentlichen Beleuchtung die nach oben gerichtete Lichtemission durch bessere Leuchtmittel verhindern, ließen sich 5 Millionen Tonnen CO2 oder aber die Leistung von 2 Atomreaktoren (1.400 MW) europaweit einsparen!

Itai Kloog von der Universität Haifa in Israel liefert mit einer wissenschaftlichen Veröffentlichung in Chronobiology International ein potentielles Argument, das vielleicht sogar die hartnäckigsten Vogel-Strauß-Individuen aufhorchen lassen dürfte: Licht scheint hormonell bedingte Brustkrebsarten zu begünstigen und somit einer Krebsart Vorschub zu leisten, der jährliche zahlreiche Frauen zum Opfer fallen:

In der westlichen Welt ist Brustkrebs die häufigste Todesursache bei Frauen zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr.

Generell hat die Kombination aus Tagesstunden im dämmrigen Licht von Bürogebäuden ohne Sonnenlicht und Nachtruhe bei künstlicher Beleuchtung negative Auswirkungen auf das menschliche Wohlbefinden und die Gesundheit.

Während in den meisten Staaten Europas der Eindämmung der Lichtverschmutzung kein oder wenig Augenmerk geschenkt wird, spielt Slowenien als am zweitstärksten beleuchtetes Land Europas eine Vorreiterrolle. Andrej Mohar von der Organisation Dark Sky Slovenia zeigt Erfolge bei der Politifizierung des Themas Lichtverschmutzung, über ein wirkungsvolles Lichtschutzgesetz werden alte ineffiziente Lampen durch neue sparsame getauscht, die den Lichtkegel gezielt auf den Boden lenken und so den Bereich oberhalb der Lampe im Dunkeln lassen.

Austausch der Straßenbeleuchtung in Lubjana
Austausch der Straßenbeleuchtung in Lubjana: Weniger Energieverbrauch, bessere Uniformität, kleinere Blendung, geringere Lichtverschmutzung.

Auch im hiesigen Südtirol, dem Land der Äpfel und des Weines manifestiert sich in steigendem Maße die Unsitte, jede Diskothek mit einem Skybeamer zu versehen, der alle oben aufgezählten Nachteile in sich vereint und außer den erhöhten Kosten für den zusätzlichen Stromverbrauch keinen Niederschlag in der Brieftasche des Betreibers finden wird. Widerstand ist zur Zeit keiner zu spüren (wir lassen uns gerne eines Besseren belehren!), ein Pub nach dem anderen und eine Diskothek wie die nächste verwandelt das Kuhdorf, in dem es/sie angesiedelt ist, zum Kosmodrom.

Seit bald 40 Jahren haben wir den Mond betreten, wir schießen Sonden zu allen Planeten des Sonnensystems und schicken uns an, in den Weltraum aufzubrechen. Zugleich sind wir aber auch die Rasse, welche den Blick in den Himmel getrübt hat:

Die Erde bei Nacht

Was solls, möchte man meinen, den Sternen ist es egal, ob wir sie sehen, wiedermal verweisen wir auf einen altbekannten Witz