Es war schon eine gewisse Spannung in der Diskussionsrunde bemerkbar. Das Thema hat relativ viele Teilnehmer, trotz Urlaubszeit , angelockt.
Das hatte wohl damit zu tun, dass es darum ging, wie Mann und Frau auf privater aber auch auf gesellschaftlicher Ebene miteinander zurechtkommen. Es scheint nicht so einfach zu sein. Sehr schnell werden scheinbar typische männliche oder weibliche Eigenschaften herangezogen und als Grund für das Scheitern zwischengeschlechtlicher Beziehungen hingestellt. Wer kann nun mit Sicherheit sagen, ob es sich effektiv so verhält, oder ob ganz andere Faktoren die Hauptrolle in dieser Angelegenheit spielen, wie z.B. unterschiedliche Charaktere, die sehr oft vorhandene, äußerst eingeschränkte Fähigkeit sich zu ändern oder anzupassen an die Bedürfnisse und Wünsche des Partners.
Karl Auer hat uns mit einem Text in die Welt der Projektionen eingeführt. Sehr oft projektiert man in einen anderen Menschen eigene Vorstellungen und Erwartungen und fällt dann aus allen Wolken, wenn man feststellen muss, dass die beim anderen doch nicht oder jedenfalls nicht so, wie vorgestellt, vorhanden sind bzw. erfüllt werden. Das Problem sind allerdings nicht die Projektionen selbst (schließlich scheinen wir so zu funktionieren, ohne Konstruktionen, die wir uns tagtäglich zurechtlegen, könnten wir sicher nicht überleben), sondern dass sie nicht als solche erkannt werden. Aus diesen Vorstellungen, die sich leider all zu oft relativ wenig decken mit jenen der Person des jeweiligen Gegenübers, können sich leicht – je nach Intensität der Beziehung – handfeste Konflikte entwickeln.
Sehr viel drehte sich die Diskussion um die Frage, ob Mann und Frau sich wirklich deswegen streiten, weil sie unterschiedlichen Geschlechts sind. Schließlich streiten sich Männer oder Frauen unter sich schon auch, wenn sie enger und über längeren Zeitraum miteinander zu tun haben. Gibt es überhaupt geschlechterspezifische Konflikte? Oder sind die Ursachen ganz generell in beziehungsimmanenten Entwicklungen zu orten?
Dabei sollen nicht geschlechtspezifische Unterschiede geleugnet werden. Es gibt sie natürlich zwischen Mann und Frau. Sie stellen aber wahrscheinlich nicht weniger schwer oder leicht überwindbare Hindernisse für ein Zusammenleben dar als andere Unterschiede, wie sie unter uns Menschen vorhanden sind.
Die nächste Frage, die sich daraus ergab war: wie definiert sich ein Mann als solcher? Wann fühlt er sich als richtiger Mann? Grundsätzlich fiel es den anwesenden Menschen nicht schwer sich als ein richtiger Mann zu fühlen. Komplizierter wird die Geschichte dann, wenn gewisse Erwartungen von Außen ins Mannsein hineinprojektiert werden. Ist ein Macho, ein Softie, ein Hausmann, ein Lebemann gefragt? All dies hat aber wahrscheinlich mit dem eigentlichen Mannsein herzlich wenig zu tun.
Im Schnitt scheinen Männer jedenfalls sich leichter zu tun, wenn es darum geht, sich etwas zuzutrauen und davon könnte man ableiten, dass sie vielleicht mehr die geborenen Macher sind. Gleichzeitig tendieren sie sich auch zu überschätzen. All dies hat womöglich damit zu tun, wenn man dafür eine Erklärung suchen will, dass sich der Mann dadurch eine bessere Position im hierarchischen System verschaffen kann (wodurch wiederum die Fortpflanzungsmöglichkeiten ansteigen). Auch das Zurechtkommen mit Hierarchien scheint den Männern besser zu liegen, als den Frauen.
Gerade im Zusammenhang mit den Hierarchien stellen sich somit für die Frauen mehrere Fragen, vor allem auch wenn es darum geht, dass sie zu den ihnen gebührenden Positionen in der Politik kommen, aber auch in der Wirtschaft. Tun sich Frauen aus diesem Grund schwerer in diesen Bereichen Fuß zu fassen. Wenn man also bestrebt ist, dass Frauen sich besser einbringen in Politik und Wirtschaft, müsste dann nicht gerade hier angesetzt werden, dass unsere gesellschaftliche Hierarchien etwas flacher gestaltet werden und dass ausgeprägte Hackordnungssysteme und -methoden, wie sie vielfach in unserer Gesellschaft existieren, entlarvt und ausgeräumt oder wenigstens abgeschwächt werden. Es könnten dadurch gleich zwei Problemkreise einer besseren Lösung zugeführt werden. Nicht nur der Zugang der Frauen zu Politik und Wirtschaft könnte dadurch erleichtert werden, sondern das Ergebnis wäre wohl auch eine Gesellschaft, die weniger von vertikalen hierarchischen Strukturen, destruktiven Konkurrenzdenken und Machtkämpfen geprägt ist und somit eher zu Friedfertigkeit neigt.
Es wurde weiters darauf hingewiesen, dass Frauen sich auch mit Fremdbestimmungen schwerer tun als Männer, dass sie diese schneller und besser wahrnehmen. Es darf einen deshalb nicht verwundern, wenn sie größere Schwierigkeiten mit Hierarchien haben. Wer sich auf Hierarchien einlässt, wird immer auch Fremdbestimmungen ausgesetzt sein. Auch wenn jemand gewisse Positionen einnimmt heißt das nicht, dass er nicht dennoch zu einem erheblichen Maße fremdbestimmt ist (vielleicht sogar noch mehr).
Fremdbestimmung muss aber nicht zwangsweise als etwas Negatives oder womöglich sogar als etwas Ungesundes angesehen werden. Ich glaube dass, jegliches gesellschaftliches Engagement oder grundsätzlich jegliches funktionierende Zusammenleben die Fähigkeit voraussetzt, auch mit einer gewissen Fremdbestimmung leben zu können. Entscheidend ist wohl auch in dieser Hinsicht der Umgang mit den Fremdbestimmungen, sie wahrzunehmen, um eventuellen negativen Folgen vorbeugen zu können.
Die Beziehungen zwischen Mann und Frau und das Konfliktpotential, das in ihnen steckt, sollten vielleicht grundsätzlich auf verschiedenen Ebenen betrachtet werden: zum einen im privaten Bereich und zum anderen auf gesellschaftlicher Ebene. Auch wenn beide Ebenen nicht völlig voneinander getrennt werden können, so ist es vielleicht dennoch opportun, sie nicht all zu sehr zu vermischen.
Nun, wenn auch gewisse Unterschiede zwischen den Geschlechtern (die sicherlich nicht nur physischer Natur sind) nicht bestritten werden können, so ist noch lange nicht gesagt, dass genau diese der Grund sein müssen für die verschiedenen Probleme und Streitpunkte auf der direkten Beziehungsebene.
Gegen Ende des Diskussionsabends wurde noch ein interessanter Aspekt aufgeworfen: das Prinzip der Polarität, so wie es von einem der wichtigsten Philosophen der Antike geprägt worden ist (Platon). Angewandt auf Mann und Frau bedeutet dies, dass es gerade die Verschiedenheiten sind, auf die die große gegenseitige Anziehungskraft zurückzuführen ist und beiden die Möglichkeit gibt, aneinander zu wachsen.
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